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Test und Erfahrungsbericht BMW R1200R LC (2015)

Manchmal ist es nicht Liebe auf den ersten Blick sondern Liebe auf den ersten Sitz. Ja, es muss wohl Liebe sein… wer nun also einen nüchtern, analytischen „Supertest“ erwartet, liest den wohl besser bei der neutralen Fachpresse… denn ich, der bislang treue Honda-Anhänger, kann nicht anders, als emotional über die neue BMW R1200R berichten!

Der Besuch auf der iMOT hatte den Stein ins Rollen gebracht:

Zwar hatte ich natürlich schon viel über die neue R1200R gelesen und war von deren modernem, sportlichem Styling durchaus angetan – mein Favorit aber blieb die kernige R NineT.

Trotzdem habe ich natürlich einen Blick auf den neuen Roadster gewagt und musste feststellen, dass sie „live“ tatsächlich noch viel besser aussah, als auf den Pressefotos. Herrlich bullig und kraftvoll, souverän und einfach in sich stimmig.

BMW R1200R LC - perfekt für Motorradreisen in den Alpen

Also gut, dann vielleicht doch mal probesitzen und „BANG!“ weg war ich… klassischer Knockout!

Noch nie hatte ich bislang auf einem Motorrad gesessen, das derart wie angegossen gepasst hat, wie ein maßgeschneiderter, italienischer Schuh – vielleicht deswegen auch die Ducati-Anleihen in Sachen Optik?! Egal – München ist bekanntlich eh die „nördlichste Stadt Italiens“!

Seit diesem Moment und einige youtube-Motorsound-Videos später ging mir die bayerische Italienerin nicht mehr aus dem Kopf. Zumal ich ohnehin an meinen Honda Crossrunner etwas mehr Anforderungen in Sachen Alpen-Tauglichkeit gestellt hatte, die er mit seinem Hochdrehzahl-Konzept und wenig Druck aus dem Drehzahlkeller leider nicht im erwünschten Maß erfüllen konnte. Nach Zusammenkratzen aller Notgroschen sowie einigen netten Gesprächen mit BMW wurde man sich schließlich einig und schon nach kurzem Warten war die R1200R meine Neue.

Und wie! Gleich beim ersten Aufsitzen war dieses vertraute Sitzgefühl von der Messe wieder da, Sitzposition, Schalter, Hebel – alles genau da, wo es sein sollte. Also: Nichts wie raus in die Welt! In den Tests der Fachpresse hatte ich was von einer ruppigen Kupplung ohne Schleifpunkt gelesen… also ganz vorsichtig, damit die Geschichte nicht gleich mit einem Abwürgen beginnt. Aber denkste! Butterweich und ohne Kraftaufwand lässt es sich einkuppeln und anfahren.

Dann, nach nur 300 Metern, schon der erste U-Turn am Frankfurter Ring. Ja servus! Da helfen aber zwei mit, dass es schön leicht ums Eck geht: Der niedrige Schwerpunkt dank Boxermotor und die Michelin Pilot Road 4, die bei meiner Maschine montiert sind. Nun etwas ans Gas, da von hinten schon die nächste Verkehrswelle anrollt und halleluja, schon schiebt der Wasserboxer mächtig nach vorne! Klar, rund 1200 ccm sind schließlich auch eine Ansage, aber derart spontan, gleichmäßig und wuchtig hatte ich es dann doch nicht erwartet! Logisch, jeder BMW-Fahrer und erst recht die Werbung erzählten einem das schon immer… aber man muss es einfach selbst erfahren haben, um es wirklich glauben zu können!

Kurvensurfen auf Motorradtour

Dann erstmal längere Zeit geradeaus. Zeit, den Schaltassistent Pro zu testen. Schnell zeigt sich, wann der eine Hilfe ist und wann man doch lieber mit Kupplung den Gang wechseln sollte: Beim Hochschalten helfen höhere Drehzahlen (natürlich nicht in der Einfahrphase!), zwischen dem ersten und zweiten Gang sollte man jedoch immer Kuppeln, um ruppige Unruhe zu vermeiden. Beim Wechsel in den Dritten kuppelt man je nach anliegender Last und Laune – eventuell bekommt man mit einem kleinen Kick in den Hintern die Mitteilung, dass der Gang auch wirklich drin ist. In den höheren Gängen flutscht es dann nahtlos und völlig ohne Zugunterbrechung.

So beschleunigt man dann, wie am Gummiband gezogen, auch ohne hohe Drehzahlen bemühen zu müssen, auf Landstraßentempo und meistens etwas mehr, indem man den Hahn gespannt hält und einfach die Gänge durchreißt – einfach sensationell! Für Drehzahl-Fanatiker aber vielleicht auch etwas zu linear und daher fast schon langweilig?! Aber mal ehrlich: Was brauche ich Drehzahlorgien, Gekreische oder eine VTEC-Ventilsteuerung, wie sie der Honda V4 hat, wenn ich einfach in jeder Lage und Drehzahlregion diesen unnachgiebigen Druck habe, der mich fest in die Sitzmulde presst?

So lässt sich zwischen 2.200 (darunter murrt der Motor, nimmt aber noch immer willig Gas an) und 5.000 Umdrehungen zügig und souverän powercruisen und darüber? Da kommt doch beim Boxer nicht mehr viel, oder? Oh doch: Der Wasserbüffel packt ab 5.000 U/Min. nochmals eine Schippe drauf und brennt bis 8.000 Touren ein Feuerwerk ab, das kein Auge trocken lässt und einem das Grinsen an die Ohren tackert!

Da heißt es dann am Bremspunkt herzhaft ankern und das kann der Roadster mit Bravour. Die BMW-Bremsen sind dafür schließlich auch bekannt, ebenso für Ihre ausgezeichnete Dosierbarkeit. Lediglich im Rain-Modus greift das ABS dermaßen früh und lange ein, dass man sich fragt, ob das denn wirklich so sein muss.

Motorradtour mit der R1200R LC

Nun aber zurück zum Schaltassistent Pro: Der hat nun nämlich seinen ganz großen Auftritt! Anbremsen zur Kurve, Kreuzung oder was auch immer und dabei volle Konzentration auf den Verkehr sowie den Brems- und Einlenkpunkt! Runterschalten erfordert nämlich nahezu keine Aufmerksamkeit! Man schaltet die Gänge einfach nach unten durch und das System gibt sogar das exakt passende Zwischengas, was trotz Serienauspuff, mit einer herrlichen Soundkulisse untermalt wird. Das ist, in Verbindung mit der Anti-Hopping-Kupplung, nicht nur schnell und sportlich, sondern sorgt dafür, dass man sich um wirklich wichtigere Dinge als Kuppeln und Zwischengas kümmern kann – ein klares Sicherheitsplus – besonders bergab auf Alpenpässen!

Überhaupt das Pässefahren: Hier spielt der Roadster seine hervorragende Handlichkeit – gerade bei niedrigeren Geschwindigkeiten – voll aus. Fast schon telepathisch folgt die Maschine der Blickrichtung und den gegebenen Impulsen. Es ist, als ob der kurveninnere Zylinder wie eine Zirkelspitze den Punkt fixiert, um den dann der saubere Kreis fast wie von alleine gezogen wird.

ROOKiE-TOURS Motorradreisen

Auch beim Rangieren merkt man die günstige Schwerpunktlage deutlich. Crossrunner und R1200R wiegen etwa dasselbe, dennoch fühlt sich die Bayerin in allen Lebenslagen deutlich leichtfüßiger an.

Bei zügig gefahrenen Kurven hilft zudem das elektronische Fahrwerk mit, welches sich innerhalb von Millisekunden an den Fahrbanduntergrund und die Fahrsituation anpasst. Das merkt man bei sanften Bodenwellen und beim Bremsen ganz deutlich. Insgesamt ist das Fahrwerk, auch schon im softeren Road-Modus eher auf der sportlichen Seite – und das ist auch gut so. Warum es aber das blitzschnelle Computer-Federbein nicht schafft, ausgerechnet kurze, harte Stöße zu absorbieren, ist allerdings ein Rätsel. Dennoch: Das Fahrwerk kann alles, was ein gutes Sportfahrwerk auch kann und bietet mit verschiedenen Modi und Anpassungsmöglichkeiten auf den Beladungszustand eine Menge Sicherheit, Komfort und Sportlichkeit.

Fazit: Mit der R1200R habe ich endlich mein Motorrad gefunden. Sie ist souverän und sportlich aber auch komfortabel und reisetauglich. Gerade auf Alpenpässen und Landstraßen macht sie eine gute Figur und genau da wird sie bei ROOKiE-TOURS Motorradreisen und vielen, sicher intensiven, privaten Ausritten ausgiebig zum Einsatz kommen.

Ich freu mich drauf!

Langzeit-Fazit:

Nach nun rund 45.000 Kilometern in 3 Jahren bleibt mein Fazit durchgehend positiv. Bis auf Kleinigkeiten, wie eine lockerer Griff links und eine verschlissene Zylinderkopfdichtung, ist die BMW R1200R LC genau die treue Begleiterin auf all meinen Touren, die ich mir gewünscht habe.

Mit dem Metzeler Roadtec01 habe ich eine Motorrad/Reifen-Kombination, die sich leicht und zielgenau bewegen lässt und jede Menge Reserven für Regenfahrten oder sportliche Ausritte bereitstellt. Der Metzeler Roadtec01 ist sehr haltbar (je nach Fahrweise ca. 8.000 bis über 10.000 km) und verändert seine Eigenschaften und das Fahrverhalten während seiner Lebensdauer fast nicht.

Mit dem BOS Desert Fox Endschalldämpfer klingt die R schön knurrig, ist aber nicht krawallig. Zudem verliert man weder Drehmoment, noch Leistung - was bei anderen Zubehörschalldämpfern leider oft der Fall ist.

Die BMW R1200R LC und ich werden sicher noch einige Jahre ein gutes Team bilden.

Interessenten an einem Gebrauchtkauf können, bei einem entsprechend gepflegtem Exemplar, bedenkenlos zuschlagen!

Hinweis: Die BMW inklusive allem erwähnten Zubehör habe ich selbst bezahlt. Unabhängig davon ist meine Meinung ohnehin immer objektiv und ehrlich :)!

DLzG

Euer Ozzy

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